Pressekonferenz
Armutskonferenz warnt vor Sparen bei Benachteiligten
Sparzwang und schlechte Wirtschaftsaussichten dürfen nicht dazu führen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter vergrößert. Daher dürfe nicht bei jenen, die ohnehin benachteiligt seien, noch zusätzlich gespart werden. Bei den im Regierungsprogramm geplanten Maßnahmen sieht man einige „gute Ansatzpunkte“, Sorgen bereiten aber die Umsetzung und die angestrebte Reform der Sozialhilfe.
Das Statement von Judith Ranftler, Volkshilfe Österreich, im Rahmen der heutigen Pressekonferenz:
Was steht im Regierungsprogramm?
- Als Ziel wird im Kapitel “Familie, Jugend und Kinder” definiert, Kinderarmut zu halbieren. Das ist eine der Vorgaben aus dem “Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der europäischen Garantie für Kinder“. Das Ziel ist grundsätzlich positiv, aber nicht neu. Bisher sind in diese Richtung aber noch keine konkreten Initiativen gesetzt worden.
Wie soll das Ziel erreicht werden?
- Erreicht werden soll es jetzt durch eine Kindergrundsicherung, die sowohl auf Unterstützungsleistungen wie Kinderbetreuung, kostenlose Mahlzeiten in der Schule oder Kindertherapie baut als auch auf “Weiterentwicklung und Optimierung bestehender Transferleistungen.
- Das Bekenntnis zur Kindergrundsicherung ist neu und sehr positiv. Auch die Sachleistungen wie kostenlose Mahlzeiten in Bildungseinrichtungen, Kinderbetreuungs-Offensive und Verbesserung der Gesundheitsversorgung sind positiv.
- Die Kinderbetreuungsoffensive in der ersten Säule der Kindergrundsicherung ist zu begrüßen. Viele Maßnahmen fußen darauf, die Personalsituation zu verbessern, dafür müssen rasch Projekte umgesetzt werden und die Arbeitssituation verbessert werden.
- Weiters sind in der ersten Säule der Kindergrundsicherung Gesundheitsleistungen für Kinder und andere Infrastrukturleistungen von hoher Bedeutung. Für sie muss es auch rasch budgetäre Mittel geben.
Gibt es Widersprüche oder negative Effekte?
- Hinsichtlich der Transferleistungen ist noch einiges vage. Dass es durch den Familienbonus nach wie vor zu einer Schlechterstellung von Familien mit niedrigem Einkommen kommt, ist bedauernswert.
- Der Zuschlag für Kinder arbeitsfähiger Eltern in der Sozialhilfe soll einheitlich auf die Höhe des Familienzuschlags zum Arbeitslosengeld zusammengekürzt werden. Macht 30 Euro pro Monat und Kind statt bisher 145 (in Oberösterreich) bis 326 (Mindestsicherung in Wien). Und dann noch einmal weniger Geld durch Anrechnung der Familienbeihilfe auf die Sozialhilfe. Das sind dramatische Verschlechterungen.
Was sollte jetzt getan werde? Was fordert die BAG in diesem Bereich?
- Kinderarmut ist ein gesellschaftliches Problem, das größer und nicht kleiner wird. Gleichzeitig kostet es uns als Gesellschaft jährlich 17,2 Mrd. Euro.
- Das Herauslösen der Kinder aus der Sozialhilfe und die Etablierung einer einkommensabhängigen Komponente ist unkonkret, viele Details sind offen. Klarheit soll eine Umsetzungsstudie bringen, die es als bald als möglich durchzuführen gilt. Hier ist es wichtig, dass nicht nur Wirtschaftswissenschafter:innen, sondern auch Sozialwissenschafter:innen, Soziale Arbeit und Betroffene daran mitarbeiten.
- In der Zwischenzeit droht, dass die Kinderrichtsätze in der Sozialhilfe drastisch reduziert werden (Stichwort ALG Familienzuschläge). Das Ziel einer Sozialhilfe-Reform muss mehr Absicherung sein, nicht weniger. Ein e.a. Betrag muss sich jedenfalls an realen Kinderkosten orientieren (Referenzbudgets), um wie geplant Kinderarmut tatsächlich zu verhindern.
Forderungen/Priorisierungen BAG im Bereich Kinderarmut:
- Keine Verschlechterungen in der Sozialhilfe
- Rasche Umsetzungsstudie
- Wenn das Ziel der Halbierung von Kinderarmut erreicht werden soll, müssen die Finanzierungsvorbehalte in diesem Bereich fallen
Zusammenfassung:
Das Bekenntnis zur Kindergrundsicherung und zu einem Säulenmodell ist positiv. Aber wenn die drohenden Einschnitte bei der Sozialhilfe umgesetzt werden, kann das Ziel der Halbierung von Kinderarmut nicht erreicht werden.