Befragung zu Armut und Demokratie

Politik behandelt uns als „Menschen zweiter Klasse“

In Österreich leben mehr 1,5 Millionen Menschen, die von Armut oder Ausgrenzung bedroht sind. Wie diese Gruppe auf die Demokratie und den Zustand der Politik blickt hat die Volkshilfe in einer aktuellen österreichweiten Umfrage erhoben. Mehr als 200 Menschen, die in den letzten zwei Jahren unter der Armutsgrenze gelebt haben, wurden dazu online und telefonisch befragt. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ, aufgrund der genauen Zielgruppenanfrage aber dennoch alarmierend.

Politik „behandelt mich als Menschen zweiter Klasse“

Auf die Frage, ob sie der Aussage „Die Politik behandelt Menschen wie mich oft als Menschen 2. Klasse“ zustimmen, antworteten 75 Prozent mit Ja. Fast ebenso viele (72 Prozent) haben auch zugestimmt, dass sich „in der Politik Menschen mit viel Geld untereinander ausmachen, was im Land passieren soll“. Zudem attestieren deutlich mehr als die Hälfte der Befragten (60 Prozent) dem derzeitigen politischen System in Österreich, dass es nicht gut funktioniert. Und in die politische Zukunft geblickt, glauben immerhin 39 Prozent, dass sich ihre Lebensumstände in den nächsten fünf Jahren weiter verschlechtern werden.

„Das System ist zum Schreien. Öffentliche Ämter haben mir überhaupt nie geholfen. Deshalb wähle ich gar nicht mehr, ich bin eh jedem egal“, sagt etwa eine ältere Frau aus Tirol, die ihr Enkelkind versorgt, in der telefonischen Befragung mit der Volkshilfe.

Und eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern aus Oberösterreich sagt: „Ich als Normalsterbliche, nicht studierte Person ohne Schulabschluss kann nichts ändern an der Politik, ich habe keinen Einfluss, das müssen Sie für mich machen.“ Und sie erzählt weiter: „Ich weiß nicht, ob die Regierung mehr machen könnte, wieviel Geld da ist, ich weiß nur, dass es uns nicht gut geht“.

Armut gefährdet die Demokratie

„Dass sich Menschen, die armutsgefährdet sind, schlecht vertreten fühlen, sollte ein Warnsignal an jede Regierung sein“, so Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich. „Wenn wir nicht wollen, dass Armut die Demokratie gefährdet, müssen wir die Armut abschaffen. Das gelingt mit einer Kindergrundsicherung und einer Sozialpolitik, die ihren Namen verdient hat“, so Fenninger weiter. Er fordert außerdem den Ausbau politischer Bildung an Schulen und einen leichteren Zugang zur Staatsbürger*innenschaft und damit zum Wahlrecht.

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