Neue Demokratie-Allianz

Österreichisches Netzwerk Zivilgesellschaft fordert von nächster Regierung Stärkung der Demokratie

21 führende Organisationen aus wichtigen Themenbereichen wie Soziales, Umwelt- und Tierschutz sowie Menschenrechte haben sich zum neuen „Österreichischen Netzwerk Zivilgesellschaft“ (ÖNZ) zusammengeschlossen. Das Netzwerk, das noch weiter wachsen wird, trägt den Leitsatz „Gemeinsam Demokratie stärken“ und ist die bislang größte zivilgesellschaftliche Demokratie-Initiative des Landes. Es wurde heute stellvertretend von Armutskonferenz, Greenpeace, Katholische Jungschar Österreich, Attac und Volkshilfe in Wien präsentiert.

Demokratische Werte und Institutionen geraten weltweit zusehends unter Druck, und auch in Österreich nimmt die Spaltung der Gesellschaft immer mehr zu. Das ÖNZ fordert daher von den Koalitionsverhandler*innen, die Stärkung einer liberalen, partizipativen und lebendigen Demokratie zu einem übergeordneten Leitprojekt der nächsten Legislaturperiode zu machen.

Ursula Bittner, Greenpeace Österreich: „Wir stehen an einem entscheidenden Wendepunkt. Immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen in die Demokratie. Vieles von dem, was uns jetzt noch selbstverständlich erscheint, wie etwa starke und unabhängige Interessenvertretungen, freie Medien oder ein gut funktionierender Rechtsstaat, sind bereits unter Druck geraten. Diese Entwicklungen könnten sich weiter verschärfen, wenn wir nicht entschieden dagegen halten.“

Answer Lang, Attac Österreich: „Die Weiterentwicklung der Demokratie beruht auf vielen Punkten, die auch die Grundlage für die neue Regierung und ihre Politik sein müssen. Das fängt an bei den ganz grundsätzlichen Grund-, Menschen- und Freiheitsrechten, geht über den Klimaschutz und den Sozialstaat als verlässliche Grundlage der Demokratie bis hin zur Unabhängigkeit der Justiz, Geschlechtergerechtigkeit, der Möglichkeit zur Mitgestaltung und einer pluralistischen Medienlandschaft. Die neue Regierung muss sich der Verantwortung bewusst sein, in all diesen Bereichen im Sinne des demokratischen Miteinanders aktiv zu werden.“

Erwin Berger, Volkshilfe Österreich: „Jede der teilnehmenden Organisationen leistet bereits einen aktiven Beitrag zu einer lebendigen Demokratie. Mit dieser Kraft soll in den kommenden fünf Jahren gemeinsam eine positive Demokratiebewegung entstehen und das gesellschaftliche Klima nach den multiplen Krisen verbessern. Von der kommenden Regierung verlangen wir unter anderem die Einrichtung eines eigenes Demokratieministeriums, um ein deutliches Zeichen zu setzen.“

Martin Schenk, Armutskonferenz: „Nicht wahrgenommen werden, bedeutet, ausgeschlossen zu sein. Und genau hier muss eine Erneuerung der Demokratie ansetzen. Geschichten zu erzählen, die keiner erzählt, den Alltag derer sichtbar zu machen, die nicht im Licht stehen, die Stimmen zu hören, die gewöhnlich überhört werden. Eine lebendige Demokratie bedeutet ernst genommen zu werden – egal ob man viel oder wenig Geld hat, ob man krank ist, ob man gesund ist, ob man alt ist oder jung, ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt.“

Veronika Schippani-Stockinger, Katholische Aktion: „Kinder und Jugendliche sind die Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft. Eine lebendige Demokratie lebt davon, ihre Stimmen zu hören und sie aktiv in Entscheidungen einzubeziehen. Deshalb sind eine verstärkte Förderung demokratischer Bildung und mehr Beteiligungsmöglichkeiten für junge Menschen essenziell ¬– nur so entsteht eine Demokratie, die den Bedürfnissen aller gerecht wird.“

Konkret fordert das ÖNZ von den derzeit verhandelnden Koalitionsparteien ÖVP, SPÖ und NEOS eine umfassende Demokratieoffensive. Dazu soll gehören:

  • Die Schaffung eines eigenen Demokratieministeriums: Dieses Ministerium soll sich zentralen demokratiepolitischen Themen widmen. Zu den Aufgaben zählen die Förderung demokratischer Teilhabe, der Schutz der Grundrechte, die Bekämpfung von demokratiefeindlichen Entwicklungen, wie Extremismus, Desinformation und Korruption. Auch die wichtigen Medien-Agenden, für die derzeit bereits ein eigenes Ministerium kolportiert wird, sollen in diesem deutlich umfassenderen Ressort angesiedelt sein.
  • Die Verankerung eines Demokratie-Checks für neue Gesetze: Jedes neue Gesetzesvorhaben soll in Zukunft einem zusätzlichen Check unterzogen werden. Dabei wird überprüft, ob das Gesetz mit den grundlegenden Prinzipien der Demokratie übereinstimmt und ob es demokratischen Prozessen und Werten entspricht bzw. diese unterstützt.
  • Die Verabschiedung eines Demokratiefördergesetzes, inklusive Einrichtung eines Demokratiefonds: Ein neues Demokratiefördergesetz soll den Schutz und Weiterentwicklung der Demokratie und ihrer Institutionen langfristig sichern. Dazu gehört die dauerhafte Einrichtung eines Demokratiefonds. Aus diesem Fonds soll eine breite Palette an demokratiefördernden Initiativen unterstützt werden – von Bürger*innenbeteilungungsprojekten über spezielle Bildungsinitiativen bis hin zu Programmen gegen digitale Desinformation.
  • Die Einrichtung eines Demokratierates, von Bürger*innen-Dialogen und einer Demokratiepartnerschaft mit der Zivilgesellschaft: Ein beratendes Gremium aus ausgewählten Bürger*innen, nach Vorbild des Klimarats, soll die Regierung bei der politischen Entscheidungsfindung rund um Demokratiethemen unterstützen. Landesweite Bürger*innen-Dialoge sollen etabliert werden, bei denen Politik und Verwaltung in den Austausch mit der Bevölkerung gehen und wieder Nähe und Vertrauen herstellen. Vor allem kann so die immer größer werdende Kluft zwischen Land und Stadt geschlossen werden. Zusätzlich muss eine Demokratiepartnerschaft auf Augenhöhe zwischen Politik und Zivilgesellschaft hergestellt werden.

Das ÖNZ fordert die Chefverhandler*innen Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger dringend auf, diese zentralen Punkte zu berücksichtigen. Ganz konkret soll sich die Hauptgruppe 5, in der es bereits mit „Justiz, Verfassung, Rechtsstaat“ und mit „Medien“ zwei passende Untergruppen gibt, dem Thema umfassend widmen.

Ursula Bittner, Greenpeace: „Karoline Edtstadler, Eva-Maria Holzleitner, Nikolaus Scherak und Stefanie Krisper als Leitende der Hauptgruppe 5 müssen dafür sorgen, dass die Stärkung der Demokratie ein Schlüsselthema der nächsten Regierung wird. Wenn es dieser Koalition nicht gelingt, die demokratischen Grundpfeiler unserer Gesellschaft felsenfest zu verankern, droht eine weitere Spaltung der Bevölkerung und die Menschen werden sich noch mehr von der Politik abwenden. Für das ÖNZ steht fest: Wer Österreich regieren will, muss vollen Einsatz für die Demokratie beweisen.“

Am ÖNZ beteiligt sind: #aufstehn, Asylkoordination, Attac, Diakonie Österreich, Die Armutskonferenz, Epicenter.work, fair sorgen!, Forum Informationsfreiheit, Fridays For Future Austria, Greenpeace Österreich, Hemayat, IG Kultur Österreich, Katholische Aktion Österreich, Klimavolksbegehren/Zukunftsallianz, Saubere Hände – Stoppt Korruption, SOS Mitmensch, Südwind, Verband Freier Rundfunk Österreich, VGT – Verein gegen Tierfabriken, ÖBV-Via Campesina Austria, Volkshilfe Österreich

Rückfragen & Kontakt

Erwin Berger, MAS
Leitung Anwaltschaftlicher Ermächtigung, Pressesprecher