Fenninger zum Weltgesundheitstag: „Armut macht krank – von klein auf”
Volkshilfe warnt: 9,6 Mrd. Euro Mehrkosten durch Versäumnisse bei Kindergesundheit
Der Weltgesundheitstag wird Jahr für Jahr am 7. April begangen. Die Volkshilfe nimmt ihn zum Anlass, um vor den schädigenden Folgen von Kinderarmut zu warnen. „Armutsbetroffene Eltern wenden sich mit der Bitte um finanzielle Unterstützung an die Volkshilfe, weil sie gesundheitliche Leistungen nicht in Anspruch nehmen können, obwohl dringender Handlungsbedarf besteht“, berichtet Volkshilfe Direktor Erich Fenninger. Genau hier setzt der Volkshilfe-Fonds „Kinder.Gesundheit.Sichern“ an, der seit Jahren finanziell vom Wiener Städtischen Versicherungsverein unterstützt wird.
Versorgungslücken wegen finanzieller Belastungen
Im Jahr 2024 konnte die Volkshilfe österreichweit 313 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die in armutsgefährdeten Familien leben, finanziell im Bereich der Gesundheit unterstützen. „Den Fonds sehe ich auch als Seismographen für die Versorgungslücken im Bereich der Kindergesundheit, weil den Familien trotz gutem Gesundheitssystem hohe finanzielle Mehrbelastungen entstehen“, erklärt der Direktor der Volkshilfe Österreich.
Konkret verteilen sich 42,2 % der Unterstützungen auf den Bereich Bewegung und Prävention, 14,7 % auf Kosten für Heilbehelfe und Medizinprodukte, 12,5 % auf den Bereich der Impfungen und 10,5 % auf Therapien. 8,6 % der Kinder erhielten finanzielle Hilfen für Zahngesundheit, der Rest verteilt sich auf Medikamentenkosten.
Mehrfachbelastung durch Armut und Krankheit
„Die Menschen, die sich an uns wenden, haben ganz unterschiedliche Herausforderungen, aber allen ist gemein, dass ihre finanzielle Situation für die Kinder zur gesundheitlichen Belastung werden könnte“, sagt Fenninger.
Er berichtet exemplarisch von einer alleinerziehenden Mutter, die sich an die Volkshilfe wandte, weil ihr Sohn, bei dem ADHS diagnostiziert wurde, dringend therapeutische Unterstützung benötigte. „Obwohl ihm die anerkannte Therapie nachweislich bei Konzentrationsproblemen und Schlafstörungen half, übernahm die Krankenkasse die Kosten nicht. Die Mutter, die aufgrund von Long-Covid im Krankenstand ist, kann sich ohne externe Hilfe die notwendigen zehn Sitzungen nicht leisten.
Das ist kein Einzelfall in Österreich. Fehlende Therapiemöglichkeiten haben langfristige Folgen, weil sich Armut und Krankheit wechselseitig verstärken und so an die nächste Generation weitervererbt werden“, warnt Fenninger.
Treffsichere Investitionen statt teure Kürzungen
Eine Schätzung der OECD für 2021 zeigt, dass durch Kinderarmut Folgekosten von 17,2 Mrd. Euro für die österreichische Gesellschaft entstehen. Das entspricht 3,6 % des Bruttoinlandsprodukts. Der größte Teil dieser Kosten, konkret 9,6 Mrd. Euro, entsteht durch eine geringere gesunde Lebenserwartung. „Egal ob es die Toastbrotzeiten am Ende des Monats sind, Geldmangel für ganzjährige Bewegungsangebote herrscht, die Wohnung feucht ist oder die Wartelisten für die Therapie sehr lang – Armut führt zu gesundheitlichen Nachteilen. Armut macht krank – von klein an“, so Fenninger.
Die Volkshilfe fordert seit Jahren eine Kindergrundsicherung, die neben mehr finanzieller Sicherheit auch den Ausbau von sozialer Infrastruktur vorsieht. „Es kann mir niemand erklären, warum wir zwar jedes gebrochene Bein versorgen können, aber bei der psychischen Gesundheit und therapeutischen Maßnahmen eine Unterversorgung hinnehmen. Die Kindergrundsicherung ist eine gesundheitspolitische Maßnahme, die der Volkswirtschaft Milliarden an Kosten sparen kann“, schließt Fenninger.
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